Saturday, March 25, 2006

legen sie sich eine meinung zu!

sie halten sich auch für einen aufgeschlossenen interessierten menschen? sie haben schon was gehört von orhan pamuk, wissen wer villepin ist, unterschreiben peditionen gegen hundekot, haben schon karten fürs donaufestival gecheckt, kennen die cd die isobell campbell mit mark lanegan aufgenommen hat und haben sogar noch interesse an dem ganzen zeugs? ich fühl mich ganz wohl in dieser welt in der es um mehr geht als darum, ob meine kuh genug milch für frau, kind und hund gibt. nicht immer, aber oft.das problem das sich auftut ist folgendes. ich brauche eine meinung zu dem ganzen zeug, dass man beim bier saufen oder frauen aufreißen bespricht. copy and paste! so funktioniert das heute, wer hat denn noch zeit und muse selbst zu denken oder wer ist masochistisch genug, es überhaupt zu versuchen? am meinungsmarkt gibt es allemal genug angebote, die dich zum einäugigen unter den blinden machen. in einer welt, in der geiz geil ist und schnäppchenjagd ein lebensprinzip reichen google und wikipedia aus. es wird eine schöne neue welt, wenn keiner mehr versucht sich eine meinung zu bilden. wir müssen uns EINE meinung zulegen, dann ist endlich frieden.

Tuesday, March 14, 2006

krankenhaustagebuch

tag 1,
immerhin muss ich mir den gang nur mit einer anderen patientin teilen. morgen dürfte sich die lage aber entspannen und nach der op bekomme ich ein zimmer. ich komme mir vor wie in mash. ich lese die jahrescharts der ersten 25 jahre spex und stoße auf alte vergessene bands wie half japanese oder beasts of bourbon. schön, aber auch beängstigend, dass man alt genug ist um vornirvanabands zu kennen. frau dr. wunderl wird mich morgen anästhisieren, nomen est omen, mein vertrauen ist enden wollend. dr. s, die mir den titanamboss ins linke ohr baut hab ich überhaupt noch nicht gesehen – feiert wahrscheinlich junggesellinenabschied. lieber blog das war meine letzte eintragung wenn was nicht hinhaut, sei dir der erhabenheit des moments bewusst!
tag 2,
hat doch geklappt. dr. s. hat den steigbügel auch noch rausgehauen und durch eine protese ersetzt. eine narkose ist was eigenartiges – bis man wieder richtig munter ist dauert es – gute nacht.
tag 3,
bin hier eingesperrt bis tag 7. ziemlich lang wenn ich nur daran denke wie langsam heute vergangen ist. neben mir liegt einer mit einer frisur, wie sie in keiner frisörillustrierten je abgebildet wurde und auch nie wird. ein schlurf so schön man könnte weinen. das mach ich auch sollte ich jemals wieder nach ihm duschen. unser dritter im zimmer ist gegangen. nach hause natürlich – hier muss man vorsichtig sein mit solchen aussagen. von den dutzenden im gang liegenden wurde bis jetzt aber keiner zu uns transferiert.
tag 4,
heute wurde ein neuer zu uns reingerollt. er versuchte sein fieber mit einer paste aus ei und knoblauch zu senken. der erfolg war ein gewaltiger ausschlag im gesicht, den man jetzt zusätzlich zu pfeifferfieber behandelt. ein arzt erzählte, dass er vorgestern jemandem eine knoblauchzehe aus dem ohr geholt hat. ich glaube das hausmittel knoblauch wird gewaltig überschätzt.
tag 5,
besuche sind so was wie die rosinen im krankenhauskuchen. danke sandra, andi und holger. ihr habt in meiner freundschaftsrankingliste einige plätze gut gemacht. ihr liegt nun auf den plätzen 64-66. haha!
tag 6,
der vogelgrippevirus hat weltweit schon 94 menschen das leben gekostet. die seuche wird uns noch alle dahinraffen. vater unser der du bist…..
tag 7,
in manchen situationen hat man mit menschen zu tun, mit denen man eigentlich nichts gemeinsam hat. im krankenhaus schläft, isst und leidet man neben fremden. menschen die kein buch mit ins krankenhaus nehmen, die bei ö3 lachen, die vor mir den großen helden spielen und vor dem arzt nur kopfnicken, die immer fleisch zum essen wollen und die ganz andere frisuren haben. aber sie klopfen an die badezimmertür, wenn sie eine viertel stunde nichts von mir hören, sie holen mich zum mittagessen, wenn ich nicht im zimmer bin und sie drücken mir lächelnd die hand wenn sie entlassen werden. …denn es gibt sie da draußen, diese schönen schönen menschen … in jedem von uns.

Wednesday, March 08, 2006

rees witherspoon macht ernst

letztens habe ich gehört, das die reale wirklichkeit von der medialen nicht mehr zu unterscheiden ist, als ob er-leben und be-rieseln ident und als ob hirnwixerei und sex das gleiche wären. apropos! etwas muss hier an dieser stelle geschwind gesagt werden, um nachher super selbstironisch dastehen zu können: dieser blog ist ge-lebte hirnwixerei! aber sie ist, das merkt man und das kann in der postblogphase gegen uns verwendet werden, zumindest ehrlich. da ist nix gespielt. so wie zu jedem hund ein dorf gehört, so lassen wir zu jedem thema unseren dampf ab, so werden alle ecken markiert. warum? einfach weil sie da sind.

es stimmt, dass die heutige meinungsbildung durch die medienberichterstattung, die teilweise auch zu bestimmten zwecken inszeniert wird , stark beeinflusst ist, dass eine kritische reflexion über die wahrhaftigkeit der vermittelten inhalte nicht mehr ein luxus, sondern schlichtweg unmöglich ist. in der flut der bilder, in der ein tsunami einem werbeblock folgt, wird die transportierte information entwertet und das medium nach mcluhan selbst zur botschaft. man „bildet“ sich in einer derart infotainten welt eben nur mehr wortwörtlich eine meinung, in den meisten fällen legt man sich eher eine zu. überzeugung als ware. durch das überangebot an meinungen kommen auch so triviale feststellungen wie richtig oder falsch aus der mode.

bei den inszenierten bildern der oscarverleihung überkam mich während der danksagung von reese witherspoon ein intensives gefühl, welches mich fast umschalten hat lassen: peinlichkeit. es war total unangenehm zu wissen, das ihre sicher nicht gespielte freude und nervosität so offen einem 500 millionenpublikum präsentiert wurde. konnte sie ihre empfindungen nicht gefälligst zurückhalten? gezeigte kriegsbilder von verwüsteten häusern und herumliegenden leichen rufen bei mir nicht so eine starke reaktion hervor. dieser absurde unterschied in den bewertungen lässt auch den unterschied zwischen der realen und der medialen wirklichkeit wieder deutlich werden und stimmt mich positiver. ich weiß um die reflexe, die durch erziehung und gesellschaft antrainierten sind, dass die härtesten bilder, einmal durch den medialen fleischwolf gedreht, leer werden und dass gleichzeitig eine richtig eingesetzte karikatur menschen sterben lassen kann. und dass nicht geiz, sondern sex geil ist. noch bin ich mir dem einfluss und dem unterschied also bewusst, aber das kann sich ändern. wir sollten daher wieder mehr dem geschriebenen wort vertrauen, da das alte verhältnis zwischen wort und bild sich gedreht hat: mittlerweile sagt ein wort mehr als 1000 bilder.