Tuesday, January 02, 2007

kleines beamten abc

arbeitsplatzbeschreibung, die: geheimnisvollstes dokument und akte x des beamtentums. obwohl sie die zu erledigenden tätigkeiten jedes einzelnen auch im hinblick einer bewertung innerhalb des besoldungsschemas genau festlegt und deswegen jeder von ihr spricht, sie haben oder modifizieren will, gibt es niemanden, der sie überhaupt je einmal zu gesicht bekommen hätte. es geht die sage, dass ihr anblick, wie einst der der medusa, todbringend sein soll.
besoldungsschema, das: deine eigene bedienungsanleitung. ein faschistoides system, welches durch bewertung abwertet und seine gesamte maschinerie auf distinktion aufbaut. ein buchstabe versinnbildlicht dein gesamtes verbeamtetes selbst: von a wie uniabschluß bis e wie hilfskraft reicht die spannweite. ein d z.b. darf schon kopieren, ein e aber noch nicht und b würde nie einen kopierer angreifen. es geht nicht um nicht können oder gar nicht wollen, es geht um die hierarchie im kleinen die gewahrt werden muss. du bist dein schema und für alles was außerhalb ist wirst du nicht bezahlt oder bist du nicht vorgesehen. für a tätigkeiten ist man zu dumm und für c sich zu gut. bleib bei deinem leisten und schau ja nicht über den tellerrand sagt das schema und dir dein umfeld welches von dem schema durchwirkt ist. engagement adé!

die, die: damit ist in der regel nicht der direkte chef gemeint, sondern der nächste, übernächste, überübernächste oder überüberübernächste in der hierarchie. man kann ihn nicht hinterfragen: er gibt oder er nimmt. nichts mündliches oder schriftliches zeugt von seinen befehlen, man erfährt von ihnen zufällig während man beim mittagessen das gespräch der sitznachbarn mit anhört. so beiläufig diese order, fast wie gerüchte unters volk gebracht werden, so ehern werden sie eingehalten. wegen denen da oben dürfen wir nur im linken nasenloch bohren und müssen mittels komplizierter algorithmen anhand der straßenstaubkörner auf den roten teppichen in einem mehrdimensionalem mengendiagramm auf papier und ausschließlich auf papier die anzahl der tschechischen besucher mit krimineller vorvergangenheit rekronstruieren.
geschwindigkeit, die: wahrscheinlich das von vorurteilen behafteste fremdwort im beamtenarbeitsalltag überhaupt. wer schneller arbeitet wird verdächtigt an den arbeitsplätzen und arbeitsplatzbeschreibungen seiner kollegen herumzusägen. in einem amt gibt es ein wortlos akkordiertes einverständnis, welches den zeitlichen umfang jeder tätigkeit genau festlegt: bist du wider erwarten früher fertig oder möchtest du ein projekt komischer weise sofort beginnen, so gewöhnst du deinen auftraggeber an diese geschwindigkeit und du oder deine kollegen bekommen den nächsten auftrag unter noch höheren zeitdruck (so zumindest ticken die leute), deswegen gilt der kategorische imperativ: du sollst liegen (wie der akt)! ; net des Telefon vor dem dritten läuten abheben und net der feind der eigenen arbeit sein. die angst tickt den leuten vor: das geld bekomme ich aufgrund meiner arbeitsplatzbeschreibung, merken die, dass ich jetzt weniger zeit für die gleiche arbeit brauche, dann wird meine arbeitsplatzbeschreibung geändert und ich muss neue aufgaben erledigen und bin retrospektiv weniger wert, da jetzt alle von meiner vergangenen langsamkeit wissen. also lass sie nicht wissen und merke: desto schneller, desto karriereschädigender (tick tick tick).
system, das: das system hat system.

systemfehler, der: paradoxon, welches keine heroische beschreibung meiner selbst sondern die wortwörtliche wahrheit ist. trittst du nun für neue aufgaben und gegen die folgen des besoldungsschemas ein so erntest du blankes unverständnis, schroffe verweigerung und schließlich elendslange diskussionen, die allen nachher wie ein stachel im fleisch sitzen, wo nie über arbeit sondern immer nur über befindlichkeiten gesprochen wird. des dauert, schluckt zeit und hinterlässt wunden bei allen beteiligten. nach der x-ten auseinandersetzung dann die erkenntnis, dass du die leute nicht aus den leuten herausbekommst und nur deine und ihre zeit verschwendest. wärest du nicht könnten alle ruhig weiterarbeiten und ihren alten aufgaben nachgehen, die ja auch gemacht gehören. dass siehst du ein. letztendlich bist du zum sand im getriebe geworden, zum systemfehler.

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